Die Digitalisierung als Jobmotor - Wie die Digitalisierung neue Märkte und Berufsbilder hervorbringt
Studie 12 der Wissensfabrik | Februar 2015
Mit Illustrationen von Julia Weiss
Artikel in der Huffington Post
Einleitung: Auf in die digitale Volkswirtschaft
Die Digitalisierung ist eine der wichtigsten Veränderungskräfte der nächsten Jahrzehnte. Aus Sicht der Wissensfabrik ist sie im Sinne eines Metatrends gar allen anderen Megatrends überlagert. Das Internet konstituiert einen neuen Raum des Seins. Das erklärt, warum sich sämtliche Aspekte des menschlichen Daseins im Wandel befinden. Die digitale Revolution verändert nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Art, wie wir Kultur hervorbringen und erfahren, mit Unternehmen interagieren, unsere Erinnerungen speichern oder unsere Freizeit verbringen.
Die Digitalisierung schafft zahlreiche neue Produkte und Dienstleistungen, gleichzeitig löst sie einen radikalen Wandel des Managements aus. Durch Transparenz und die Globalisierung geraten Margen unter Druck, Markteintrittsbarrieren sinken. Mit der Verbreitung des Internets geraten auch etablierte Unternehmenskulturen und -architekturen unter Druck. Schliesslich vervielfacht sich durch die Digitalisierung die Menge der zur Verfügung stehenden Daten. Durch Big Data können die Ressourcen eines Unternehmens intelligenter genutzt werden. Zusammengefasst: Die Digitalisierung bringt neben Produkt- auch Prozessinnovationen.
Dass die Maschinen den Menschen Arbeit wegnehmen, ist unbestritten. Doch die Digitalisierung ist auch ein zentraler Wirtschaftsmotor der Zukunft. Eine Volkswirtschaft muss die neuen Märkte rechtzeitig erkennen, will sie von der Digitalisierung profitieren und nicht von ihr überrollt werden. In diesem White Paper interessiert, in welchen Märkten es künftig Arbeit gibt und welchen Tätigkeiten die Menschen in diesen Wertschöpfungsbereichen der Zukunft nachgehen. Auch hier ist der Einfluss der Maschinen bereits jetzt unverkennbar. Unser Arbeitsalltag wird noch mehr von Maschinen geprägt sein.
Die Digitalisierung als Jobkillerin
Will man verstehen, wie die Digitalisierung zum Jobmotor wird, ist zuerst das Studium der Schattenseiten angesagt. Die digitale Revolution provoziert eine zweite Industrialisierung. In dieser werden Arbeitsschritte zuerst standardisiert, um sie dann in einem zweiten Schritt in die Hände der Maschinen zu übergeben. Handelte es sich bei der ersten Industrialisierung noch um Maschinen, die man mit den Augen sehen und den Händen berühren konnte, stehen nun die unsichtbaren digitalen Maschinen im Vordergrund. Algorithmen übernehmen die repetitive Wissensarbeit und industrialisieren den Dienstleistungs- und Wissenssektor.
Die Digitalisierung provoziert nicht nur ein Verdrängen der menschlichen Arbeit, sie verändert auch die Struktur der Wirtschaft. In den letzten Monaten liest man vermehrt vom Begriff des Plattformkapitalismus. Gemeint ist ein Ökosystem, das von einigen mächtigen Plattformen dominiert wird, wobei zahlreiche Klein- und Kleinstunternehmen als Zulieferer dienen. Globalisierung und Digitalisierung ermöglichen diesen Plattformen Quasi-Monopole – mit einer Hoheit über die Kunden, deren Bedürfnisse und Daten. Netzwerkeffekte machen die Monopole immer mächtiger. Durch die Fusionen brauchen sie weniger Arbeitskräfte, um ihre Wertschöpfung zu erbringen. Zudem verfügen sie über das nötige Kapital, um in neue Maschinen zu investieren.
Ob die Maschinen das Ende der Arbeit herbeiführen, ist umstritten. Kritiker der These bezeichnen den Glauben an das Ende der Arbeit als „luddistischen Irrglauben“. Sie verweisen auf die zahlreichen neuen Jobs, welche die Maschinen ermöglichen. In ihren Augen erfindet der Mensch mit jeder technischen Innovation jedes Mal auch neue Arbeit. Es stellt sich aber Frage, ob die neu geschaffenen Jobs, die vernichteten kompensieren und ob die neuen Jobs nicht andere beziehungsweise höhere Anforderungen an die Mitarbeitenden stellen. Dabei geht häufig die exponentielle Wirkung der Maschinen vergessen. Die Anzahl der Maschinen steigt ebenso exponentiell an wie deren Intelligenz. Zudem werden die Maschinen exponentiell billiger. Folglich neigen wir dazu, die digitale Transformation zu unterschätzen.
Im zweiten Teil des Maschinenzeitalters verstärkt sich der Einfluss der Maschinen noch einmal massiv. Die Belegschaft eines Unternehmens wird in Zukunft aus noch mehr Maschinen bestehen. Sie kommen überall dort zum Einsatz, wo eine Maschine billiger, besser, schneller oder mit wenigen Fehlern als ein Mensch arbeitetet. Für die Verdrängung menschlicher Arbeit ist vor allem entscheidend, ob diese repetitiv ist. Es sind zunächst alle Routineaufgaben, die durch die Digitalisierung gestrichen werden, unabhängig davon, ob sie manueller oder kognitiver Natur sind. Die Sanduhr-Theorie besagt, dass vor allem die Jobs im mittleren Anspruchsniveau verloren gehen. Folge des Ausdünnens der Mitte ist eine Polarisierung des Arbeitsmarkts.
Die dreifache Vernetzung der Digitalisierung
Die Digitalisierung führt zu einer Steigerung unserer technischen, ökonomischen und sozialen Vernetzung. Zukünftige digitale Märkte finden sich also überall dort, wo durch Infrastruktur, Geräte oder Software die soziale, technische oder ökonomische Vernetzung erhöht wird. Auf dem Smartphone finden die Währungen des digitalen Zeitalters zusammen: das Geld, die Netzwerke und das Wissen. In Zukunft dürfte ein anderes Gerät seine Funktionen erfüllen. Diskutiert werden intelligente Brillen und Kontaktlinsen oder Projektionen auf das Handgelenk.
Aus der Sicht künftigen Märkte sind vier miteinander verwandte Anwendungen der Digitalisierung besonders relevant: das Internet der Dinge, die Augmented Reality, Big Data sowie die künstliche Intelligenz. Alles wird Teil des Internets: Die Zahnbürste, unsere Gesundheit, das Auto, unser Sexleben. Man spricht auch von der 80/20-Regel bei der Verteilung von Soft- und Hardware. Der Wert jedes Objekts resultiert in Zukunft zu 80% aus Software (dem Gedächtnis, der Kommunikation, dem Unsichtbaren) und nur noch zu 20% aus der Hardware. Es entstehen immer grössere Datensätze, die als Basis der Entwicklung künstlicher Intelligenz dienen.
Das Smartphone spielt eine zentrale Rolle. Es vereint die Währungen des digitalen Zeitalters: das Geld, die Netzwerke und das Wissen
Im ökonomischen Diskurs über die Digitalisierung werden zwei unterschiedliche Folgen unterschieden. Zum einen versteht man die Digitalisierung als Effizienztreiberin. Diese Wirkung ist auf die Orts- und Zeitunabhängigkeit digitaler Prozesse, die gestiegene Transparenz über Margen, Konkurrenten und Ressourcenverbrauch aber auch die Relativierung von Intermediären zurückzuführen. Es handelt sich hier um den evolutionären Aspekt der Digitalisierung. Zum anderen spricht man der Digitalisierung eine disruptive Wirkung zu. Damit wird eine radikale Veränderung der Marktlogik bezeichnet. Wertschöpfung wird – häufig durch neue Wettbewerbsteilnehmer – auf neue Art erstellt. Bisherige Markteilnehmer geraten unter Druck. Beispiele für solche Gamechanger sind Uber, Instagram, Netflix oder das Iphone.
Sowohl im Fall der evolutionären als auch der disruputiven Form der Digitalisierung gehen zahlreiche Arbeitsplätze verloren. Die Digitalisierung ersetzt Menschen nicht nur durch Maschinen. Weil sie durch Margen- und Kostendruck auch den Wettbewerb verschärft, versuchen Unternehmen ihre Personalkosten zu senken. Von einer vollständigen Verdrängung der Menschen aus dem Arbeitsprozess ist aber schon deshalb nicht auszugehen, weil die Maschinen auch in naher Zukunft auf uns angewiesen sind. Roboter, Drohnen, Automaten und Algorithmen brauchen die Menschen, um sich zu vermehren und weiterzuentwickeln. Diese Abhängigkeit verschafft dem Menschen eine Hoheit über die Maschinen und zeigt, wie bedeutsam die Designer der Maschinen in Zukunft für eine Volkswirtschaft sind.
Ein Teil der Zukunftsmärkte befindet sich also direkt im Kern der Digitalisierung. Märkte entstehen überall dort, wo Unternehmen die Digitalisierung aktiv vorantreiben. Es braucht also eine neue ausgezeichnete digitale Infrastruktur. Unser Aktionsradius vergrössert sich, wir befinden uns häufig zwischen den Orten. Dabei wollen wir stets online sein und auf unsere Clouds zugreifen. Zur Infrastruktur gehören zum anderen die Geräte, mit denen Individuen, Organisationen, Institutionen und Staaten an die digitale Gesellschaft angeschlossen werden. Schliesslich braucht es Software, mit der wir unser Wissen, unsere Finanzen und Netzwerke verwalten können.
Die Märkte einer digitalen Gesellschaft
Die Folgen der Digitalisierung schaffen sowohl auf der individuellen Ebene (fein geschrieben) als auch der gesellschaftlichen Ebene (fett geschrieben) neue Bedürfnisse. Dieses Orientierungswissen über künftige Märkte zeigt Unternehmen nicht nur Entwicklungspotenziale auf, er konkretisiert zudem den politischen Diskurs und verweist auf entsprechende Investitionsnotwendigkeiten. Fehlt dieser Diskurs, droht man am falschen Ort zu investieren, die Infrastruktur zu spät zu modernisieren, nicht überlebensfähige Branchen zu subventionieren oder an einem veralteten Bildungssystem festzuhalten.
Auf der Ebene des Individuums steht das Bedürfnis nach einem einfachen und intensiven Leben im Vordergrund. Grundlage, um diese Bedürfnisse zu befriedigen, ist eine stabile Identität:
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Identität: Das Bedürfniscluster der Identität umfasst die Produkte und Dienstleistungen, um an seiner Identität zu arbeiten und diese zum Ausdruck zu bringen. Identität ist ein lebenslanger Entwicklungsprozess. Wir nutzen Coaches, um uns zu reflektieren, Zufriedenheit zu erlangen und uns weiterzuentwickeln. Ein wichtiger Teil der Identität ist die körperliche Identität. Dazu gehören Gesundheit, Aussehen und Fitness.
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Intensität: Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten einer hyperdigitalen Gesellschaft streben wir nach einem möglichst intensiven Leben. In diesem verwirklichen wir uns mit unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Kontexten an unterschiedlichen Orten. Das gelingt am besten, wenn die Möglichkeiten sichtbar und erreichbar sind. Um die Möglichkeiten zu realisieren, braucht es ebenso Mut wie eine offene, tolerante Gesellschaft.
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Einfachheit: Je unübersichtlicher die Welt, desto mehr sehnen wir uns aber nach vereinfachenden Prozessen und Produkten. Der Austausch von Daten, Gefühlen, Geld und Gütern soll so unkompliziert und sicher wie möglich sein. Technologie soll selbsterklärend sein, die Interaktion mit Mitmenschen, Unternehmen und Behörden so zeit- und ressourcenschonend wie möglich. Wir wollen immer und überall auf unsere Cloud mit unserer Musik, unseren Netzwerken und Dokumenten zugreifen
Auch auf der Ebene von Unternehmen, Institutionen und Staaten entstehen und verstärken sich im digitalen Transformationsprozess Bedürfnisse:
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New Management: Eine digitale Wirtschaft erhöht durch Transparenz und Globalisierung den Kosten- und Innovationsdruck. Führungs- und Managementverständnisse, Aufbauorganisationen und Controllingmechanismen verändern sich. Gefragt sind eine hohe Anpassungsfähigkeit sowie die Kompetenz, Kontroversen und Big Data in Lernprozesse zu übersetzen. New Management heisst die Generation Y zu Leadern der Zukunft zu machen sowie Maschinen und Menschen integriert zu managen.
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Recycling: Eine digitale Gesellschaft verbraucht sehr viel Energie und Rohstoffe. Ohne die Fähigkeit, Abfälle wieder zu verwerten und Stoffkreisläufe zu schliessen, läuft die digitale Gesellschaft ins Leere beziehungsweise entzieht sich ihrer Grundlagen. Es braucht deshalb einen intelligenteren Umgang mit Ressourcen. Abfälle sollen verringert oder als Ausgangslage der Entstehung von etwas Neuem betrachtet werden.
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Sicherheit: Eine digitale Gesellschaft ist voller Risiken. Durch Cyberterror, Datenklau, Identitätsdiebstahl bestehen neue Risiken im digitalen Raum. Erstarkte geopolitische Konflikte bedrohen unser Sicherheitsgefühl zusätzlich. Sicherheit ist ein paradoxes und unendliches Gut. Je mehr Risiken definiert werden, desto unsicherer fühlt man sich. Sicherheit wird durch Kultur ebenso vermittelt wie durch präventive Massnahmen im Bereich der Gesundheit, Bildung, Versicherung und Vorsorge.
Wie die Grafik zeigt, sind diese Märkte nicht unabhängig voneinander. Vielmehr entstehen auch an den Schnittstellen zweier Bedürfnisgruppen neue Märkte. Zudem haben alle Bedürfnisse einen direkten Zusammenhang zur Digitalisierung. So fördert das Internet der Dinge über die erhöhte Transparenz des Ressourcenverbrauchs neue Formen des Recyclings. Oder die Kultivierung des Selbst basiert zu weiten Teilen auf der Transparenz von Bedürfnissen, Vorwissen, Netzwerken und Finanzstärke.
Jenseits der Digitalisierung öffnen sich bedeutende Märkte für die Bedürfnisse der Offliner. Dabei handelt es sich um Menschen und Institutionen, die aus unterschiedlichen Gründen etwas gegen die Digitalisierung haben. Je digitaler unser Leben, desto grösser werden diese Märkte. Gutmöglich, dass die wahre Disruption durch die Offliner stattfindet. Wichtige Bedürfnisse der Offliner sind der Wunsch nach Selbstbestimmung, Anonymität, Dezentralisierung, Natürlichkeit, Entschleunigung, regionaler Produktion, Nachhaltigkeit oder Datenschutz. Diese Bedürfnisse führen zur Entstehung neuer Subbranchen wie zum Beispiel datensichere Technologie, Offline-Tourismus oder regionale Lebensmittel.
Die Berufsbilder einer digitalen Gesellschaft
Kombinationen sind auch in der Zukunft der Berufe angesagt. Das Internet ist voll mit Beispielen von neuen Berufen. Schon bald soll es Händler von Datenabfällen, digitale Bestatter oder Bauern für vertikale Stadtgärten an Hochhäusern geben. Das sind jedoch nur Bestandesaufnahmen, weil die Kombinatorik ja immer weiter geht. Die künftigen Berufe werden auch deshalb Kombinationen der heutigen sein, weil sich die Maschinen die Tätigkeiten zahlreicher heutiger Berufe aneignen. In vielen etablierten Berufsfeldern wird es nicht mehr genügend Arbeit geben. In der Folge fusionieren diese, um wieder genügend Arbeit zu produzieren.
Die Belegschaft eines Unternehmens wird in Zukunft noch mehr Maschinen umfassen. Zu den Maschinen gehören Roboter, Automaten, Drohnen und Algorithmen.
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Menschen: Für die Skizzierung der künftigen Arbeit sind jene Fähigkeiten besonders relevant, wo der Mensch die Maschine übertrifft. Das ist beim Handwerk der Fall, wo Maschinen nicht feinfühlig, präzise oder flexibel genug arbeiten. Auch wenn Informationen abgewogen, bewertet und in einem Kontext betrachtet werden müssen, hat der Mensch einen Vorteil. Schliesslich kann die Maschine weder Gefühlsarbeit vollrichten noch Innovation generieren, sprich sie kann sich noch nicht selbst weiterentwickeln.
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Roboter: Zu den Robotern gehören die Maschinen, die am Fliessband repetitive Arbeit erledigen. Roboter im weiteren Sinne sind auch alle Automaten, mit deren Hilfe wir etwas kaufen (Getränkeautomat), Informationen weiterleiten (Check In am Flughafen), oder unsere Einkäufe bezahlen (Check Out). In Zukunft wird die Automatisierung auch zu selbstgesteuerten Autos, autonom fliegenden Flugzeugen oder selbständigen einkaufenden Kühlschränken führen. In vielen Branchen wie der Sicherheit, der Logistik oder der Forschung gehören in Zukunft auch Drohnen zur Belegschaft.
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Algorithmen: In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Algorithmen in die Belegschaft eines Unternehmens eingeschlichen. Sie kommen überall dort zum Einsatz, wo Informationen digital gesammelt, ausgewertet, kombiniert und imagesisiert werden. Durch diese Fähigkeiten bedrängen sie das mittlere Management stark. Künstliche Intelligenz wird auch den Beruf des Arztes, des Journalisten oder der Juristin verändern. Algorithmen prägen auch den Dienstleistungssektor, weil wir immer mehr Bedürfnisse online befriedigen beziehungsweise digital mit Unternehmen agieren.
Wenn immer mehr Tätigkeiten im Arbeitsprozess durch Maschinen unterstützt sind, verschiebt sich der Tätigkeitsbereich der Mitarbeitenden. Aufgaben werden durch die Arbeit mit oder für die Maschinen definiert. Im Vordergrund der digitalen Wirtschaft stehen die folgenden Tätigkeiten:
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Entwickeln: Um uns als Gesellschaft weiterzuentwickeln, braucht es hochqualifizierte Wissensarbeiterinnen, die sich der Reflexion des Bestehenden, Vergangenen und Zukünftigen widmen. Beobachtet und reflektiert werden Menschen, Roboter und Algorithmen genauso wie deren wechselseitige Auswirkungen. Die Reflexion ist Grundlage, damit sich Menschen, Roboter und Algorithmen weiterentwickeln. Das alles sind Tätigkeiten, denen die künftige Elite nachgeht.
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Betreuen: Die Dienstleistungsberufe der Zukunft drehen sich um die Betreuung von Menschen, Robotern und Algorithmen. Zur Betreuung, Pflege oder Wartung gehören eher präventive Tätigkeiten, die Fehlfunktionen und Krankheiten verhindern sowie reparierende Tätigkeiten, bei denen das Korrigieren, Heilen und Flicken im Vordergrund steht. Durch den demographischen Wandel entstehen umfassende Betreuungsbedürfnisse für ältere Menschen.
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Inszenieren: Eine letzte Kerntätigkeit der Zukunft ist das Inszenieren. In einer Welt der zahlreichen Möglichkeiten, die sehr visuell aufgeladen ist, hat die (Selbst-)Vermarktung eine zentrale Bedeutung. Dazu gehört die Inszenierung des Körpers, angefangen beim Haarschnitt, fortgesetzt über die Gesichtscreme und das Tattoo. Bei diesen künstlerischen Arbeiten geht es darum Menschen, Roboter und Algorithmen ins richtige Licht zu rücken.
Jenseits von diesen Tätigkeiten gibt es in der künftigen Volkswirtschaft einen wachsenden Bereich von illegaler und unsichtbarer Arbeit. Diese Dark World umfasst sämtliche Tätigkeiten ausserhalb der volkswirtschaftlichen Rechnung. Grund für die Erweiterung der Dark World ist paradoxerweise die erhöhte Transparenz. Mehr Transparenz heisst mehr Wettbewerb, weil der Wertschöpfungsbeitrag aller Wirtschaftssubjekte offensichtlich wird. Das erhöht den Druck, wobei nicht alle Menschen gewillt sind, sich diesem Druck zu beugen. Mehr Transparenz impliziert eine steigende Anzahl von Steuern, die direkt am Ort der Verursachung erhoben werden, sei es auf der Konsum-, Vermögens- oder Ertragsseite.
Zur Dark World gehören die Schwarzarbeit und die Schwarzmärkte. Natürlich sind sämtliche illegalen Märkte Teil dieser Dark World: Auftragsmord, Drogen, Prostitution oder illegale Pornographie. In einer erweiterten Betrachtungsweise gehören auch die kostenlos mittels Sharing Economy befriedigten Bedürfnisse zur Dark World. Denn hier werden Bedürfnisse befriedigt, ohne dass dies volkswirtschaftlich registriert oder Steuern erhoben würde. Wer eine Fahrgemeinschaft nutzt, braucht kein Taxi zu bezahlen. Wer regelmässig den Rasenmäher des Nachbars leiht, braucht selbst keinen zu kaufen.
Die Hausaufgaben für das Management
Die digitale Wirtschaft ist geprägt von einer hohen Geschwindigkeit beziehungsweise einer hohen Veränderungsrate. Das setzt das Erkennen neuer Märkte und Risiken voraus. Das gilt besonders, wenn die Gefahr disruputiver Veränderungen besteht. Diese drohen, wenn bisher zentral erbrachte Leistungen durch das Internet dezentralisiert, Amateure und Crowds an die Stelle von Experten treten, Intermediäre eliminiert oder die Digitalisierung neue Mittel der Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung stellt. Derselbe Druck tritt bei evolutionären Veränderungen auf, wenn durch Netzwerkeffekte Quasi-Monopole entstehen und Margen gegen Null tendieren.
Disruption entsteht, wenn bisher zentral erbrachte Leistungen durch das Internet dezentralisiert, Amateure und Crowds an die Stelle von Experten treten, Intermediäre eliminiert oder neue Wege der Befriedigung von Bedürfnissen schafft.
Die Digitalisierung verändert Märkte, Produkte und die Verhältnisse zwischen Unternehmen und Anspruchsgruppen. Will ein Unternehmen die Digitalisierung mitmachen, kommt es nicht darum, alle Prozesse radikal zu digitalisieren – und dies so schnell wie möglich. Die Digitalisierung verändert damit auch das unternehmerische Innenleben, also die Art und Weise, wie die veränderte Wertschöpfung erarbeitet wird, wie man managt und führt. Die Digitalisierungsstrategie zeigt auf, wie man in Bezug auf Arbeitsumgebung, Hardware, Software, die Kompetenzen der Mitarbeitenden sowie die Unternehmenskultur auf die Digitalisierung reagieren will.
Um die nötige Geschwindigkeit mitzugehen, sehen sich Unternehmen vermehrt mit der Versuchung konfrontiert, einen Teil ihrer Belegschaft abzuspalten. Sie hoffen so disruptiven Veränderungen besser begegnen oder diese aktiv gestalten zu können. Andere versuchen im Sinne der Diversität verschiedene Tempi zu integrieren. Managementforschung und -praxis stehen in diesen Fragenstellung erst am Anfang. Gleichzeitig versucht man die Folgewirkungen der Digitalisierung abzufedern. Die hohe Geschwindigkeit wirkt belastend, weil sie uns den Gefahren des Multitasking, der Filterbubble, der Entgrenzung der Arbeit und der Überlastung aussetzt. Offline-Zonen setzen einen Kontrapunkt – durch Rituale, WIFI-freie Zonen oder bewusstes Entschleunigen.
Wenn die Belegschaft eines Unternehmens mehr Maschinen – Roboter, Algorithmen, Automaten und Drohnen – umfasst, braucht es eine integrierte Betrachtungsweise von menschlicher und maschineller Arbeitskraft. Akquiriert und entwickelt werden diese durch HR und IT. Eine stärkere Integration der beiden Abteilungen würde das Risikomanagement verbessern und zu einer ganzheitlicheren Investitionsplanung führen. Je mehr Maschinen ein Betrieb umfasst, desto mehr stellt sich die Frage, ob in Human- oder Maschinenkapital investiert wird.
Wenn Berufe an Bedeutung verlieren und die Kompetenzen in den Vordergrund rücken, braucht es ein stärkeres Augenmerk für das Kompetenzmanagement. Der demographische Wandel verstärkt diese Forderung. Wichtige Kompetenzen für das Bestehen in einer digitalen Wirtschaft sind Vernetzung, Kombinationsfähigkeit und das Fragenstellen. Das sind Fähigkeiten, die der Maschine fehlen. Basis dieser Fähigkeiten ist eine ausgeprägte Selbstreflexion, die zu Selbstverantwortung, Selbstvertrauen und einer realistischen Selbsteinschätzung führt. Die Fähigkeiten von Kunden und externen Beraterinnen sollten mitberücksichtigt werden.
Die Verbreitung der Maschinen hat schliesslich eine unternehmensethische Dimension. Wir stehen als Menschheit durchaus vor der Wahl, wie viele Maschinen wir in den Produktionsprozesse integrieren wollen oder überhaupt wie sehr wir in einer Gesellschaft der Maschinen leben wollen. Die Konfrontation zwischen Maschinen-Befürworten und Gegnern wird sich in den nächsten Jahren verschärfen. Die Offliner werden sich für maschinenlose Produktionsprozesse, Datenschutz und gegen Transhumanismus einsetzen. Eine Zunahme der Diskurse über die Verbreitung der Maschinen setzt eine entsprechende Reflexionsarbeit im Unternehmen voraus, sei es im Sinne der Kommunikation, des Risikomanagements oder der Antizipation künftiger Märkte.
Die Investitionen in eine digitale Gesellschaft
Die digitale Transformation fordert nicht nur Unternehmen, sondern auch Staaten oder besser gesagt Gemeinschaften heraus. Natürlich stellt sich die Frage, welche Form der Staat in einer digitalen Gesellschaft annimmt beziehungsweise welche Rolle ihm zukommt und wo wir als Gemeinschaft investieren sollten. Auch die Gesellschaft braucht eine Digitalisierungstrategie, die aufzeigt, wie man von der Digitalisierung profitieren und wo man bewusst Grenzen setzen will. In Frage gestellt sind die Infrastruktur, Fähigkeiten und Werte.
Grundlegend für die Erschliessung der skizzierten Zukunftsmärkte ist die digitale Infrastruktur. Der digitale Service Public umfasst im Wesentlichen die Möglichkeit, stets auf ein qualitativ hochwertiges Internet zugreifen zu können (das im übrigen im Unterschied zu einer Strasse nie fertig ist). Fehlt ein solches Netz, wird die Arbeit der Wissensarbeiterinnen unterbrochen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Wissensarbeiterinnen vermehrt zwischen den Orten und an dritten Orten wie Cafés aber auch im Ausland aufhalten. Fehlt der Zugriff auf die Cloud, fehlen sämtliche Informationen, Dateien und Netzwerke.
Eine zweite Grundvoraussetzung für die Entfaltung der digitalen Gesellschaft ist das Bildungssystem. Weil die künftige volkswirtschaftliche Wertschöpfung stark vom Entwickeln neuer Maschinen und Algorithmen abhängig ist, sollte das Programmieren bereits in der Primarschule gefördert werden. Als Latein des digitalen Zeitalters lehrt es das konzentrierte Arbeiten, das Kombinieren und das logische Denken. Wichtig ist zudem die digitale Diversität. Ohne Toleranz, drohen eine digitale Monokultur sowie ein neuer Rassismus, der sich gegen Unter- oder Überdigitalisierte richtet. Die Fähigkeit zu Fragen fördert die Innovations- und Reflexionsfähigkeit.
Eine dritte Voraussetzung für das Funktionieren einer digitalen Gesellschaft sind die sozialen Sicherungssysteme. In einer Wirtschaft, in der es voraussichtlich nicht mehr für alle Arbeit gibt und in der Ideen wichtiger sind als Präsenzzeit, drängt sich eine Entkoppelung von Arbeitszeit und sozialer Sicherheit auf. Das verweist auf die Notwendigkeit die Sozialversicherungen neu zu denken. Diskutierte Möglichkeiten sind das Grundeinkommen oder eine allgemeine Erwerbsversicherung. Sämtliche Behördengänge (AHV, Handelsregister, Identifikation) sollten vollkommen elektronisch stattfinden. Davon ist die Schweiz noch weit entfernt.
Die vorhandene Investitionssumme bestimmt sich primär über die erhobenen Steuern. Wenn Mitarbeitende von Maschinen aus dem Markt gedrängt werden, stellt ich die Frage, ob nicht auch auf Maschinen Steuern beziehungsweise Beiträge für die Sozialversicherungssysteme erhoben werden sollten. Die Maschinen direkt zu besteuern erscheint schwierig, jedoch liessen sich Beiträge über die verbrauchte Energie indirekt erheben. Damit könnte auch dem Mathäus-Prinzip entgegen getreten werden, das den Besitzern über die Maschinen immer höhere Gewinne und eine grössere Kapitalakkumulation beschert.
Alternativ könnten grosse Konzerne oder Bürgerinnen im Sinne von Crowd Founding die Investitionen – nicht ganz uneigennützig – tätigen. Denn langfristig profitieren alle Bürgerinnen und Unternehmmen, wenn frühzeitig auf die Erfordernisse einer digitalen Gesellschaft eingetreten wird. Die Beträge fliessen sinnvollerweise in die digitale Infrastruktur, die Bildung oder die Sozialversicherungen. Zudem besteht die Möglichkeit Steuervergünstigungen für Unternehmen zu sprechen, die sich in den Märkten der Zukunft betätigen beziehungsweise in diese investieren oder an diesen forschen.
Management-Takeaway
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Unbestritten kostet die Digitalisierung eine Menge Jobs. Sie agiert als Jobkillerin, weil Roboter, Automaten, Drohnen und Alogrithmen besser und billiger als Menschen arbeiten und diese vielerorts überflüssig machen.
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Die Digitalisierung führt aber gleichzeitig auch zu zahlreichen neuen Jobs. Sie finden sich in den Märkten der Zukunft. Diese treten zunächst im Kern der Digitalisierung selbst auf – in der technischen, ökonomischen und sozialen Vernetzung.
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Daraus entstehen Folgemärkte, weil Individuum, Unternehmen und Institutionen die Digitalisierung bewältigen müssen. Die Märkte der Zukunft sind Einfachheit, Identität, Intensitiät, Recycling, Sicherheit und New Management.
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Jenseits der Digitalisierung spielen die Märkte der Offliner eine immer grössere Rolle. Zentrale Bedürfnisse sind Anonymität, Datenschutz, Nachhaltigkeit, Entschleunigung und Dezentralisierung.
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Die Belegschaft eines Unternehmens besteht aus immer mehr Maschinen. Das ändert die Tätigkeiten der Menschen, weil sie vermehrt mit Maschinen agieren. Kerntätigkeiten der Zukunft sind das Inszenieren, Entwickeln und Betreuen – von Menschen, Maschinen und Algorithmen.
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Unternehmen stehen durch die Digitalisierung vor einem grossen Transformationsprozess. Es braucht neue Führungs- und Managementverständnisse, um agil zu bleiben. Geschwindigkeit ist ein zentraler Erfolgskfator, besonders wenn man Disruption selbst auslösen will.
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Auch Gesellschaften stehen vor grossen Herausforderungen, wollen sie die Märkte der Digitalisierung erschliessen. Neben einer hochklassigen digitalen Infrastruktur sind Reformen im Bildungs- und sozialen Sicherungssystem unumgänglich.