Neben Museen gehören Bibliotheken zu diesem „Abwehrdispositiv“. Sie horten gedrucktes – und damit unveränderbares – Wissen, bieten allen Mitgliedern einer Gesellschaft Zugang zu digitalen Wissensräumen und Werkzeugen und schaffen Orte, an denen unterschiedliche soziale Segmente aufeinandertreffen.

Letzte Woche war ich in der Deichmanske Bjørvika Bibliotek in Oslo – und ich dachte sofort: Genauso muss man heute eine Bibliothek bauen. Die Bibliothek wurde 2020 eröffnet, in unmittelbarer Nähe vom neuen Munch-Museum und der ikonischen weissen begehbaren Oper.

Was mich auf den fünf Stockwerken überzeugt, wenn nicht überwältigt hat:

Bibliothek als öffentlicher Raum

Beim Rundgang begegne ich ganz unterschiedlichen Menschen, die hier Zeit verbringen, ohne etwas zu konsumieren oder zu bezahlen. Wissensarbeitende, die zwischen zwei Sitzungen E-Mails beantworten. Touristen, die Schutz vor Regen suchen. (Gross)eltern mit Kindern, die gemeinsam lesen und spielen.

Bibliothek mit integrierten Funktionen

Neben Büchern (wobei Bestseller wie in einer Buchhandlung auf Tischen präsentiert werden), gibt es eine Buchhandlung, mehrere Gastro-Angebote, Sitzungszimmer, ein Kino und ein Auditorium mit 150 Plätzen. Nähmaschinen, 3D-Drucker, Gesellschaftsspiele und Grafik Stationen stehen bereit, regelmässige Events erhöhen den «Traffic».

Bibliothek als hochwertiger Arbeitsraum

Die Lern- und Arbeitsräume sind in Bezug auf Materialität, Möblierung und Atmosphäre hochwertig umgesetzt. Die Lichtverhältnisse sind durch viel Tageslicht hervorragend, die Sitzgelegenheiten sind bequem, die Möbel überzeugen durch modernes Design. Kunstinstallationen zahlen zusätzlich auf die Hochwertigkeit ein.

Bibliothek als Ort des Sehen und Gesehenwerdens

Dank zahlreicher horizontaler und vertikaler Sichtachsen – Terrassen, Rolltreppen, offene Ebenen – ist die Bibliothek ein Ort der sozialen Begegnung. Gerade für junge Menschen wird sie so zu einem attraktiven Treffpunkt. Zugleich bieten Verwinkelungen stille Rückzugsräume.

Bonus: Texte für die Zukunft

In einem versteckten Raum gibt es eine «Future Library». Hier werden Manuskripte von namhaften Autorinnen und Autoren aufbewahrt, die zwischen 2014 und 2114 verfasst aber erst ganz am Ende dieser Zeitspanne veröffentlicht werden. Die Texte wurden unter anderem von Margaret Atwood, Elif Shafak, Ocean Vuong oder Tommy Orange verfasst.